Worin unterscheidet sich der aktuelle Referentenentwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes von der EU-Whistleblower-Richtlinie?
Der deutsche Referentenentwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes weist aufgrund von Öffnungsklauseln der EU-Whistleblower-Richtlinie und teilweise weitergehenden Regelungen einige Abweichungen zur EU-Vorgabe auf. Im Folgenden sind die in der Praxis wichtigsten aufgelistet.
Das Hinweisgeberschutzgesetz gilt nicht nur für Hinweise auf Verstöße gegen EU-Recht, sondern auch für Verstöße, die strafbewehrt sind und bestimmte Verstöße, die bußgeldbewehrt sind (soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient). Damit gilt das Hinweisgeberschutzgesetz auch für Fälle, in denen es z. B. um Hinweise zur Korruption, Geldwäsche, Produktsicherheit, Lebens- und Futtermittelsicherheit, zum Steuerbetrug, Tierschutz oder Umweltschutz geht.
Eine zentrale externe Meldestelle wird beim Bundesamt für Justiz eingerichtet. Zusätzlich werden bei der BaFin und dem Bundeskartellamt Meldestellen für bestimmte Hinweise eingerichtet.
Es gibt keine Pflicht, Meldungen zu anonymisieren oder anonymen Meldungen nachzugehen.
Sicherheitsinteressen, Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflichten haben Vorrang. Damit fallen beispielsweise als Verschlusssache gekennzeichnete Dokumente nicht unter den Geltungsbereich des Gesetzentwurfs.
Die Identität einer hinweisgebenden Person, die vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Informationen über Verstöße meldet, wird nicht nach diesem Gesetz geschützt.
Ein Hinweisgeber ist nach einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Falschmeldung schadensersatzpflichtig.
Bestimmte Unternehmen müssen auch bei weniger als 50 Mitarbeitern eine interne Meldestelle einrichten. Dies gilt z. B. für Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder Kapitalverwaltungsgesellschaften.
Mit der Bearbeitung einer Meldung beauftragte Personen müssen unabhängig sein und über eine ausreichende Fachkunde verfügen.
Für das Unternehmen besteht eine Schadensersatzpflicht bei Repressalien gegenüber dem Hinweisgeber.
Erfährt ein Hinweisgeber nach einer Meldung Repressalien, wird z. B. vermutet, dass eine Kündigung aufgrund seiner Meldung erfolgt ist, hat das Unternehmen nachzuweisen, das dieser Zusammenhang nicht besteht (Beweislastumkehr).
Der interne und externe Meldekanal sind gleichberechtigt. Eine Bevorzugung des internen Meldekanals wie in der EU-Richtlinie vorgegeben wird nicht umgesetzt.